26.04.2024

Die Entwicklung von traditioneller zu doppelter Wesentlichkeit

 

Einleitung

In der sich ständig weiterentwickelnden Welt der Unternehmensberichterstattung spielt das Konzept der Wesentlichkeit eine zentrale Rolle, insbesondere im Kontext der Nachhaltigkeit und der ESG-Berichterstattung. Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in der Europäischen Union hat sich der Fokus zunehmend auf das innovative Konzept der doppelten Wesentlichkeit verlagert. Diese Entwicklung verändert grundlegend, wie Unternehmen über ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft berichten und welche Informationen als wesentlich betrachtet werden.

Dieser Blogbeitrag richtet sich an Unternehmen, die sich mit den Anforderungen der CSRD auseinandersetzen und ein tieferes Verständnis für die Prinzipien der Wesentlichkeit und der doppelten Wesentlichkeit entwickeln möchten. Wir werden die grundlegenden Begrifflichkeiten für Sie erklären, die Evolution dieser Konzepte erkunden und ihre Bedeutung im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung erläutern. Ziel ist es, ein klares Verständnis dafür zu schaffen, wie die doppelte Wesentlichkeitsanalyse nicht nur zur Compliance beiträgt, sondern auch strategische Vorteile für Unternehmen bietet, die nachhaltig wachsen und operieren wollen.

 

Einführung in die Begrifflichkeiten

Das Verständnis der Begriffe "Wesentlichkeit" und "doppelte Wesentlichkeit" ist entscheidend für die effektive Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß aktuellen Standards wie der CSRD. Diese Konzepte spielen eine zentrale Rolle in der Art und Weise, wie Unternehmen über ihre Aktivitäten und deren Auswirkungen berichten.

 

Traditionelle Wesentlichkeit (Materiality)

Im traditionellen Sinne bezieht sich Wesentlichkeit auf die Bedeutung einer Information für die Entscheidungsfindung der Stakeholder, insbesondere der Investoren. In der Finanzberichterstattung bedeutet dies, dass Informationen als wesentlich gelten, wenn ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte Darstellung die wirtschaftlichen Entscheidungen der Nutzer des Berichts beeinflussen könnte. Diese Definition ist stark an der finanziellen Leistung und den finanziellen Ergebnissen eines Unternehmens orientiert.

 

Doppelte Wesentlichkeit (Double Materiality)

Mit dem Aufkommen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der zunehmenden Bedeutung von ESG-Faktoren hat sich das Konzept der Wesentlichkeit weiterentwickelt. Die doppelte Wesentlichkeit erweitert den traditionellen Ansatz um eine weitere Dimension:

 

Financial Materiality (finanzielle Wesentlichkeit):

  • Diese Dimension betrifft die "inside-out"-Perspektive, bei der analysiert wird, wie Umwelt- und soziale Themen die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens beeinflussen können. Hierbei geht es um die Auswirkungen von externen Faktoren auf das Unternehmen selbst, z.B. wie Klimarisiken die Betriebskosten erhöhen oder die Lieferkette beeinträchtigen könnten.

 

Impact Materiality (Auswirkungswesentlichkeit):

  • Im Gegensatz dazu fokussiert die "outside-in"-Perspektive darauf, wie die Aktivitäten des Unternehmens die Umwelt und die Gesellschaft beeinflussen. Diese Dimension betrachtet, in welchem Maße die Geschäftstätigkeiten eines Unternehmens externe Effekte verursachen, wie etwa Emissionen, Ressourcenverbrauch oder soziale Auswirkungen auf die Gemeinschaft.

 

Entwicklung von traditioneller Wesentlichkeit zur doppelten Wesentlichkeit

Die Evolution von der traditionellen Wesentlichkeit hin zur doppelten Wesentlichkeit markiert eine signifikante Verschiebung in der Unternehmensberichterstattung, die die wachsende Anerkennung der sozialen und ökologischen Verantwortung von Unternehmen widerspiegelt.

 

Die Anfänge der Wesentlichkeit

Traditionell wurde das Konzept der Wesentlichkeit in der Finanzberichterstattung verwendet, um zu bestimmen, welche Informationen als wichtig genug angesehen wurden, um sie den Stakeholdern mitzuteilen. Diese Praxis ist tief verwurzelt in den Standards der International Financial Reporting Standards (IFRS) und des US Generally Accepted Accounting Principles (GAAP), die beide hervorheben, dass wesentliche Informationen jene sind, die die Entscheidungen der Nutzer des Finanzberichts beeinflussen können. Die Hauptaufgabe der traditionellen Wesentlichkeit bestand darin, finanzielle Performance und Risiken transparent darzustellen.

 

Übergang zur doppelten Wesentlichkeit

Der Übergang zur doppelten Wesentlichkeit begann als Antwort auf die steigende Nachfrage nach mehr Transparenz über die nicht-finanziellen Auswirkungen von Unternehmenstätigkeiten. Die Einführung des Konzepts der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Corporate Social Responsibility (CSR) in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren führte zu einem Bedarf an einem erweiterten Verständnis von Wesentlichkeit, das über die rein finanzielle Perspektive hinausgeht.

Ein signifikanter Meilenstein in dieser Entwicklung war die Veröffentlichung der Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI) in den frühen 2000er Jahren, die Unternehmen dazu anhielten, über die Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) zu berichten, die ihre Geschäfte beeinflussen. Die GRI-Standards betonten eine Form der Wesentlichkeit, die sowohl die Auswirkungen auf das Unternehmen als auch die Auswirkungen des Unternehmens auf die externen Stakeholder berücksichtigt.

 

Institutionalisierung der doppelten Wesentlichkeit

Die formale Anerkennung und Institutionalisierung der doppelten Wesentlichkeit in der Unternehmensberichterstattung wurde jedoch erst mit der Einführung der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) im Jahr 2014 und ihrer späteren Erweiterung durch die CSRD erreicht. Diese Richtlinien fordern Unternehmen auf, sowohl über die Auswirkungen zu berichten, die wesentliche Risiken für ihre Geschäftstätigkeiten darstellen (finanzielle Wesentlichkeit) als auch über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft (impact Materiality). Die CSRD verfeinert dieses Konzept weiter und macht es zu einem zentralen Element der Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU.

 

Anwendung der Konzepte: Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist ein zentrales Instrument für Unternehmen, um den Anforderungen der CSRD gerecht zu werden. Sie hilft dabei, die wesentlichen ESG-Themen zu identifizieren, die sowohl für das Unternehmen als auch für seine Stakeholder von Bedeutung sind. Die regulatorischen Grundlagen der doppelten Wesentlichkeitsanalyse werden in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) im Detail beschrieben. In unserem Blogbeitrag “Durchführung einer Doppelten Wesentlichkeitsanalyse: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung” erhalten Sie mehr Informationen zum Thema.

 

Fazit

Die Einführung des Konzepts der doppelten Wesentlichkeit in die Nachhaltigkeitsberichterstattung markiert eine bedeutende Entwicklung in der Art und Weise, wie Unternehmen über ihre Interaktionen mit der Welt berichten und wie diese Interaktionen ihre Geschäftstätigkeit beeinflussen. Durch die CSRD wird dieser Ansatz weiter verstärkt und formalisiert, wodurch Unternehmen in der Europäischen Union angehalten sind, nicht nur ihre finanziellen, sondern auch ihre sozialen und ökologischen Fußabdrücke zu betrachten und transparent darzulegen.

Diese umfassende Betrachtungsweise fördert eine tiefere Reflexion und Verantwortung gegenüber den Auswirkungen unternehmerischen Handelns und trägt dazu bei, dass sowohl interne als auch externe Stakeholder ein klares Verständnis der realen Einflüsse eines Unternehmens erhalten. Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse unter der CSRD ermöglicht es Unternehmen, nicht nur regulatorische Anforderungen zu erfüllen, sondern auch proaktiv an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken. Sie stärkt das Vertrauen der Investoren und der Öffentlichkeit in die Markenintegrität und unterstützt Unternehmen dabei, Risiken zu managen und Chancen in einer zunehmend von Nachhaltigkeit geprägten globalen Wirtschaft zu nutzen.

Letztendlich leistet die doppelte Wesentlichkeit einen entscheidenden Beitrag dazu, dass Nachhaltigkeitsüberlegungen fest in den strategischen Entscheidungsprozessen verankert werden, was für langfristigen geschäftlichen Erfolg und gesellschaftliches Wohl unerlässlich ist. Unternehmen, die diesen Ansatz erfolgreich implementieren, positionieren sich als Vorreiter in einer Welt, die zunehmend Wert auf nachhaltige Entwicklung und ethisches Handeln legt.

 

 

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