07.05.2024

ESRS: Die Zukunft der Berichterstattung für europäische Unternehmen

 

Was sind die European Sustainability Reporting Standards (ESRS)?

Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind ein innovativer Ansatz zur Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen innerhalb der Europäischen Union. Diese Standards, entwickelt von der Europäischen Finanzberichterstattungs-Gruppe (EFRAG) im Auftrag der Europäischen Kommission, zielen darauf ab, die Transparenz und Vergleichbarkeit von Informationen über die Umwelt-, Sozial- und Governance-Leistungen (ESG) von Unternehmen zu verbessern.

Initiiert im Kontext der Überarbeitung der Non-Financial Reporting Directive (NFRD), die in die neue Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) umgewandelt wurde, erweitern die ESRS die Berichtspflichten. Sie fordern Unternehmen auf, detaillierte Informationen zu Umweltaspekten wie Emissionen und Ressourcennutzung, soziale Aspekte wie Arbeitnehmerrechte und Gemeinwesenengagement sowie Aspekte der Unternehmensführung einschließlich Korruptionsbekämpfung und ethischer Geschäftspraktiken bereitzustellen. Die Berichterstattung soll in einem regelmäßigen und systematischen Format erfolgen, das sowohl qualitative als auch quantitative Daten umfasst und die Überprüfung durch Dritte ermöglicht.

Im Gegensatz zur NFRD erfordern die ESRS nun eine unabhängige Prüfung der berichteten Informationen. Dies soll die Glaubwürdigkeit der Berichte stärken und sicherstellen, dass die Daten den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Außerdem wird der Bereich der berichtspflichtigen Unternehmen erheblich erweitert. Während unter der NFRD etwa 500 größere Unternehmen in der EU berichtspflichtig waren, sind es unter der CSRD rund 50.000 Unternehmen.

Das Hauptziel ist es, Nachhaltigkeit in den Kerngeschäftsstrategien und -operationen zu integrieren und zu fördern. Sie streben danach, ein höheres Maß an unternehmerischer Verantwortung und Transparenz zu erreichen und durch verbesserte Berichtsqualität und -quantität zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) der Vereinten Nationen und der Klimaziele der EU beizutragen. Durch diese Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass europäische Unternehmen nicht nur wirtschaftlich erfolgreich sind, sondern auch sozial gerecht und umweltverträglich operieren.

Diese Änderungen bedeuten nicht nur eine erhöhte Belastung für die Unternehmen in Bezug auf die Berichterstellung, sondern auch eine Chance, ihre Nachhaltigkeitsleistung deutlich zu verbessern und transparenter gegenüber ihren Stakeholdern zu kommunizieren.

 

Derzeitiger Stand und Kernaspekte

Die ESRS befinden sich derzeit in der Implementierungsphase, wobei Unternehmen in ganz Europa beginnen, sich auf die neuen Berichtsanforderungen einzustellen. Die Standards, die umfassende und vergleichbare Informationen über die ESG-Leistungen von Unternehmen bereitstellen sollen, sind dabei ein zentrales Element der CSRD.

Kernaspekte sind hier zum einen die Doppelte Materialität (Double Materiality) sowie ein ganzheitlicher Ansatz und strenge Prüfungsanforderungen. 

Die Double Materiality ist ein grundlegendes Prinzip der ESRS. Diese fordert von Unternehmen, zwei Perspektiven in ihrer Berichterstattung zu integrieren: Erstens, wie ihre Geschäftstätigkeiten Umwelt und Gesellschaft beeinflussen, und zweitens, wie umweltbezogene und soziale Risiken das Unternehmen selbst betreffen. 

Der ganzheitliche Berichtsansatz verlangt von Unternehmen, über eine breite Palette von ESG-Themen zu berichten. Dies umfasst nicht nur Umweltfragen, sondern auch soziale und Governance-Aspekte, die für die Nachhaltigkeitsleistung von zentraler Bedeutung sind. Indem sie Unternehmen dazu anhalten, alle relevanten ESG-Aspekte zu adressieren, gewährleisten die ESRS, dass die Berichte ein umfassendes Bild der Nachhaltigkeitsbemühungen und -ergebnisse zeichnen. 

Um die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der nach den ESRS veröffentlichten Informationen zu gewährleisten, schreiben die Standards vor, dass diese Daten unabhängig geprüft werden müssen. Diese Prüfungsanforderungen stellen sicher, dass die veröffentlichten Informationen nicht nur vollständig und korrekt sind, sondern auch in Übereinstimmung mit den festgelegten Richtlinien stehen. 

 

ESRS- Standards im Fokus

Die neuen Standards sind in zwei Gruppen von Datenpunkten unterteilt, die als Set 1 und Set 2 bezeichnet werden:

Set 1: Allgemeine Datenpunkte – Diese Gruppe umfasst Datenpunkte, die für alle Branchen relevant sind. Sie decken grundlegende Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen ab, wie sie in den ESRS-Standards E1 bis G1 beschrieben sind. Diese universellen Datenpunkte gewährleisten, dass jede Branche die Mindestanforderungen an die Berichterstattung erfüllt, was zu einer konsistenten und vergleichbaren Datenlage über verschiedene Sektoren hinweg führt.

Set 2: Branchenspezifische Datenpunkte - Diese sind speziell dafür entwickelt, um ab 2026 die einzigartigen Umwelt- und Sozialauswirkungen bestimmter Industriezweige zu erfassen und zu berichten. Dies macht die Berichterstattung für diese Sektoren relevanter und zielgerichteter. Diese spezifischen Datenpunkte ergänzen die allgemeinen Informationen aus Set 1 und bieten den Stakeholdern ein detailliertes Verständnis der speziellen Herausforderungen und Praktiken innerhalb einer Branche.

Betroffene Branchen:

  • Öl und Gas

  • Kohle, Steinbrüche und Bergbau

  • Straßentransport

  • Landwirtschaft, Fischerei und Fischzucht

  • Motorfahrzeuge

  • Energieproduktion und Versorgungsbetriebe

  • Lebensmittel und Getränke

  • Textilien, Accessoires, Schuhe und Schmuck

Durch die gezielte Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen und Herausforderungen dieser Sektoren ermöglicht Set 2 eine präzisere und umfassendere Bewertung der Nachhaltigkeitsleistungen dieser Industrien.

 

Übersicht der ESRS-Standards

Allgemeine Standards

ESRS-1 (General Disclosure Standard): Dieser Standard verlangt von Unternehmen, allgemeine Informationen über ihre Nachhaltigkeitsstrategie, -politik und -ziele zu veröffentlichen. Dazu gehört auch die Offenlegung der Governance-Strukturen und der Risikomanagementprozesse in Bezug auf Nachhaltigkeit.

ESRS-2 (Materiality Assessment Standard): Unternehmen müssen darlegen, wie sie die Wesentlichkeit von Nachhaltigkeitsthemen bestimmen. Dies umfasst die Identifizierung und Priorisierung von Themen, die sowohl für das Unternehmen als auch für seine Stakeholder von Bedeutung sind.

Umweltstandards (Environmental)

01

ESRS-E1 (Climate Change): Unternehmen müssen ihre direkten (Scope 1) und indirekten (Scope 2) Treibhausgasemissionen sowie Emissionen aus der Wertschöpfungskette (Scope 3) offenlegen. Dies dient dazu, ihren Beitrag zum Klimawandel zu evaluieren und Maßnahmen zur Reduktion dieser Emissionen zu planen.

02

ESRS-E2 (Pollution): Dieser Standard verlangt die Berichterstattung über Schadstoffemissionen in die Luft, Wasser und Boden, die durch die Geschäftstätigkeit verursacht werden. Unternehmen sollen auch ihre Maßnahmen zur Reduktion dieser Emissionen beschreiben.

03

ESRS-E3 (Water and Marine Resources): Unternehmen müssen ihren Wasserverbrauch, die Wasserquellen und das Wassermanagement detailliert angeben. Ziel ist es, den effizienten Umgang mit Wasserressourcen zu fördern und die Auswirkungen auf aquatische Ökosysteme zu minimieren.

04

ESRS-E4 (Biodiversity and Ecosystems): Berichte über die Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf die Biodiversität und Ökosysteme sind erforderlich. Unternehmen sollen darlegen, wie sie den Schutz der biologischen Vielfalt in ihre Geschäftspraktiken integrieren.

05

ESRS-E5 (Resource Use and Circular Economy): Informationen über den Verbrauch natürlicher Ressourcen und die Bemühungen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft, einschließlich Recycling und Wiederverwendung, sind Teil dieses Standards.

Sozialstandards (Social)

01

ESRS-S1 (Own Workforce): Dieser Standard bezieht sich auf die Arbeitsbedingungen, einschließlich Gesundheit und Sicherheit, Arbeitszeiten, Entlohnung und die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte innerhalb des Unternehmens.

02

ESRS-S2 (Workers in the Value Chain): Unternehmen müssen über die Arbeitsbedingungen in ihrer gesamten Lieferkette berichten, einschließlich der Einhaltung der Menschenrechte und Arbeitsstandards.

03

ESRS-S3 (Affected Communities): Berichte über die Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten auf lokale Gemeinschaften und wie das Unternehmen auf deren Bedürfnisse und Rechte eingeht, sind erforderlich.

04

ESRS-S4 (Consumers and End-users): Unternehmen sollen ihre Praktiken in Bezug auf Kundenschutz, Produktsicherheit und verantwortungsvolle Marketingstrategien offenlegen.

Governance-Standard (Governance)

ESRS-G1 (Business Conduct): Dieser Standard fordert Unternehmen auf, über ihre Geschäftsethik, einschließlich Korruptionsbekämpfung, Compliance und organisatorische Integrität zu berichten.

Zukunftsaussichten für europäische Unternehmen

In Deutschland, wie auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten, müssen sich Unternehmen an diese neuen Richtlinien anpassen, die eine detailliertere und strengere Berichterstattung als bisherige nationale Vorschriften verlangen. Die Einführung der ESRS stellt somit eine wichtige Schnittstelle zwischen nationalen Anforderungen und den übergreifenden Zielen der EU dar, die Transparenz und Nachhaltigkeit im gesamten Binnenmarkt zu erhöhen. Sie sind somit ein zentraler Bestandteil der Bemühungen, eine kohärente und effektive Nachhaltigkeitsstrategie auf europäischer Ebene zu etablieren und gleichzeitig den spezifischen Anforderungen und Bedingungen in Ländern wie Deutschland gerecht zu werden.

Die Zukunft der ESRS und ihre Rolle in der europäischen Wirtschaft sieht vielversprechend aus. Mit der steigenden globalen Bedeutung von ESG-Faktoren wird die Nachfrage nach transparenten und zuverlässigen Nachhaltigkeitsberichten weiter zunehmen. Langfristig könnten die ESRS dazu beitragen, dass europäische Unternehmen nicht nur den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch führend in globalen Nachhaltigkeitspraktiken werden.

 

Darüber hinaus könnten die Standards weiterentwickelt werden, um neue Nachhaltigkeitsthemen zu integrieren, die durch technologischen Fortschritt und sich ändernde gesellschaftliche Erwartungen entstehen. Dies könnte eine noch stärkere Anpassung an spezifische Branchenbedürfnisse oder die Einbeziehung aufkommender Themen wie digitale Ethik und nachhaltige Digitalisierung umfassen.

Die Implementierung der ESRS ist ein entscheidender Schritt für europäische Unternehmen auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Obwohl die Anforderungen zunächst herausfordernd sein können, bieten sie doch eine bedeutende Gelegenheit, die Art und Weise, wie Unternehmen operieren und kommunizieren, zu transformieren und langfristig sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile zu erzielen. Die kontinuierliche Entwicklung und Anpassung dieser Standards wird sicherstellen, dass sie relevant bleiben und Unternehmen dabei unterstützen, in einer sich schnell wandelnden Welt führend zu sein.

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